Textile Welten

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Die Neue Sammlung nimmt Textilien aus rund 200 Jahren in den Blick, die vorwiegend aus dem reichen Bestand des Museums stammen. Die Ausstellung reflektiert einerseits die vielfältigen Nutzungen, Gestaltungen und Entwicklungen im Textil und dokumentiert andererseits die Geschichte der Textilsammlung und ihre Sammlungsschwerpunkte. Dazu zählen Werke von der Arts and Crafts-Bewegung, des Münchner Bunds oder des Bauhauses und der Moderne, über Molas aus Panama, Marokkanische Teppiche, Kriegsteppiche aus Afghanistan und europäische Textilien seit den 1950er-Jahren bis in die Gegenwart, bis hin zu Textilien, geprägt von Funktionalismus, Antidesign oder Stilpluralismus sowie besonderen visionären Positionen.

 

Textilien bestimmen die menschliche Existenz. Sie sind ein Spiegel kultureller sowie gesellschaftlicher Strömungen und ihrer Traditionen. Sie waren Wegbereiter des Industrial Design und wichtige Impulsgeber für die Entwicklung der künstlerischen Moderne. Heute befassen sich Designer:innen unter anderem mit Themen von Umwelt und Nachhaltigkeit sowie Innovationen im räumlichen Gestalten, in der Bauarchitektur und anderen Lebensbereichen.

 

Die Ausstellung Textile Welten lässt sich von vier Themen leiten: Interdisziplinäre Sichtweisen zeigen die Verschränkung der Disziplinen Design, Kunsthandwerk und Kunst. Globale Narrative zeigen Wechselwirkungen zwischen Bildtraditionen innerhalb und außerhalb Europas auf. Textil und Raum lassen neue, dreidimensionale Strukturen entstehen, die modular oder flexibel sein können. Innovative Entwicklungen umfassen die Auseinandersetzung und das Experimentieren mit zukunftsweisenden Materialien und Techniken.

 

Rund 180 Textilien aus dem 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart zeigen eine Bandbreite von Teppichen und Wandbildern, Stoffen, Industrieware und Unikaten, Musterbüchern sowie Textilexperimenten und Textilinnovationen.

 

Für diese Ausstellung entwickelte die Designerin und Künstlerin Ayzit Bostan die textile Ausstattung, das textile Beleuchtungssystem Plusminus wurde von Diez Office entworfen.

 

Themen

 

Interdisziplinäre Sichtweisen

Die Neue Sammlung begreift sich seit ihres Bestehens 1925 als eine disziplinenübergreifende Institution, die zweckgebundene Gestaltung und künstlerische Kreativität zusammenschaut. Die Ausstellung zeigt patchworkartig, wie sehr sich gerade im Textilen die Ideen von Design, Kunsthandwerk und Kunst überschneiden.

 

Vertreter:innen der Wiener Werkstätte (1903–1932) entwickelten Dekorationsstoffe für ein aufeinander abgestimmtes Erscheinungsbild des Wohnraums im Sinne eines Gesamtkunstwerks.

 

Die wegweisenden Entwürfe der Bauhäuslerinnen Anni Albers (1899–1994) und Gunta Stölzl (1897–1983) können weder nur der angewandten noch der freien Kunst zugeordnet werden.

 

Die Textildesignerin Ursula Wagner (geb. 1979) erforscht aktuell Materialeigenschaften von Garnen, die sie mittels Industriewebmaschinen sichtbar macht und bewegt sich dabei zwischen freiem Experiment und gezielter Anwendung.

 

Globale Narrative

Die globale, transkulturelle Vernetzung im Textilen wird anhand ausgewählter Objektgruppen aus Afrika, Nord- und Mittelamerika sowie Asien sichtbar.

 

Geometrische Muster und Farben marokkanischer Teppiche (Mitte des 20. Jahrhunderts) sowie die Abstraktionen der Quilts der Amischen (um 1880) stehen im formalen Wechselspiel mit der Entwicklung westlicher Malerei der Moderne.

 

Handgefertigte Molas der indigenen Bevölkerung von Panama (ab 1960) verarbeiten vielfach Motive der amerikanischen Alltagskultur.

 

Afghanische Kriegsteppiche zeigen eine neue Bildsprache aus der Verbindung von traditionellen Ornamenten mit militärischen Motiven.

 

Japanische Musterbücher aus dem 19. Jahrhundert dokumentieren die Öffnung des einst verschlossenen Marktes für Europa und die gegenseitige Beeinflussung von Textilgestaltung.

 

Textil und Raum

Textilien können im Bereich räumlicher Gestaltung und Innenarchitektur Anwendung finden. So werden textile Membrane auch als zukünftiges Baumaterial immer bedeutender.

 

Die manuell mit dreidimensionalen Webtechniken hergestellten Arbeiten von Hella Jongerius (geb. 1963) sind mehrschichtige Konstruktionen mit teils eingewebten Solarbändern, die zu räumlichen Strukturen aufgefaltet werden können.

 

Das im Ausstellungsraum installierte Beleuchtungssystem Plusminus von Stefan Diez (geb. 1971) nutzt die Funktionsweise von E-Textiles durch in die Textilbänder eingewebte, leitfähige Fasern und ermöglicht neue Raumdefinitionen.

 

Die Clouds von Ronan und Erwan Bouroullec (geb. 1971 und 1976) bestehen aus flexiblen textilen Modulen, die als Raumteiler und Akustikelemente Anwendung finden.

 

Neue räumliche Erfahrungen werden auch durch Materialumwidmungen wie dem aus Holz gefertigten Textil von Elisa Strozyk (geb. 1982) oder dem Wandteppich aus Keramik von Ozioma Onuzulike (geb. 1971) geschaffen.

 

Innovative Entwicklungen

Mit visionären Ideen wird der Blick in die Zukunft gerichtet. Durch die Vernetzung von Forschung, Design und Industrie entstehen High-Tech-Textilien, die unterschiedliche Anwendungen finden: Intelligente Materialien – sogenannte Smart Textiles – reagieren etwa durch Sensoren auf den menschlichen Körper oder können durch integrierte Fasern Strom leiten.

 

Das Textil Sunkolor von Panorama Fabrics reagiert mit Farbwechsel auf UV-Strahlung und warnt so vor schädlicher Sonneneinstrahlung.

 

Das Textile Prototyping Lab in Berlin erforscht neue Ansätze im Textilbereich wie zum Beispiel textilbasierte elektronische Systeme. Die vom Lab entwickelte Materialbibliothek präsentiert über 50 Materialstudien, die zum Teil ertastet werden können.

 

Zirkuläres Design gewinnt in der Textilindustrie immer mehr an Bedeutung. Die Suche nach nachhaltigen Rohstoffen, die Umstellung auf umweltschonende Produktionsweisen, sortenreine Trennung und Wiederverwertung führen zu innovativen Lösungsansätzen.



Ausstellung.Textile Welten
21.07. 2023 – 03.10. 2023