Vortrag: Geträumte Zukunft – Pioniere der Kunststoffarchitektur
Ort: Pinakothek der Moderne, München
Ernst von Siemens Auditorium
Sonntag, 23. Juli 2017, 12:00
Eintritt frei
Dr. phil. Pamela Voigt, Architektin
Prof. Dr. – Ing. Elke Genzel
Die 1960/70er Jahre waren eine Zeit der Freiheit und der Experimente, des Aufbruchs nach dem Zweiten Weltkrieg. Berauschende Formen und Farben als Sinnbild dieser Lebensfreude bestimmten die Mode, das Design und auch die Architektur.
Die Bauwirtschaft und somit auch die Architekturdiskussion der 1960/70er Jahre hatte ihren Schwerpunkt im Wohnungsbau, dem Wiederaufbau aber auch der Umstrukturierung und Neudefinition des Wohnens nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Einfamilienhaus, welches bereits zu Beginn des 20. Jahrhundert als Experimentierfeld für neue Architekturformen und neue Werkstoffkonstruktionen Schwerpunkt war, diente auch in der Nachkriegszeit als solcher. Zudem steigerten sich die individuelle Mobilität, der verhältnismäßige Wohlstand und die Freizeit einer breiten Schicht der Bevölkerung. Europaweit kam es daher zu einer großen Verbreitung von Feriensiedlungen in Erholungs- und an Naturschutzgebieten. Zahlreiche Campingsiedlungen mit unterschiedlichsten Unterkünften, vom Zelt- und Caravanplatz, über Kleinstbungalows bis hin zu Ferienhäusern entstanden und werden bis heute genutzt.
Es ist von daher nicht verwunderlich, dass gerade im Bereich der Einfamilien- und Ferienhäuser die noch junge Werkstoffgruppe der Kunststoffe im Ausbau aber auch als Tragwerk, Gebäudehülle und Überdachung getestet wurde. Architekten und Ingenieure experimentierten hierbei vor allem mit den faserverstärkten Kunststoffen, welche für den Einsatz als tragender Baustoff prädestiniert ist. Leichte gedämmte Gebäudehüllen, transluzente Überdachungen, organische Formen und höhlenartige Behausungen wurden in allen Industrienationen erdacht und erschaffen.
Inzwischen werden Gebäude aus GFK als denkmalwürdig eingestuft. Museen und private Sammler schützen und erhalten mobile Kunststoffbauten, wie das Futuro von Matti Suuronen, FIN 1968. Die aktuelle Wertschätzung erkennt man vor allem am gestiegenen Interesse der Bürger, diese Bauten und Konstruktionen zu kaufen und Instand zu setzen.
Allein die Erfahrungen im Umgang mit GFK sind seitens neuer Nutzer aber auch der Planer und Handwerker nicht oder nur geringfügig vorhanden. Vorurteile gegenüber den Kunststoffen aber auch die Überschätzung ihrer dauerhaften Leistungsfähigkeit, führen zu Schäden während des Umbaus oder Umnutzungen, Reparaturen, der Lagerung und dem Transport von GFK- und Sandwichkonstruktionen. Aber das Wissen wächst und sollte durch den Austausch der Fachleute, durch Veröffentlichungen und Vorträge verbreitet werden.
Daher möchten wir innerhalb des Vortrages Beispiele der Kunststoffarchitektur vorstellen aber auch prägnanteste Schadensfälle, deren Ursachen und Reparaturmaßnahmen exemplarisch darstellen.

Illustrationen von Rondo-Siedlungen von Casoni&Casoni, 1968 © Casoni&Casoni