Andreas Görgen

Politics of Design, Design of Politics

Borries Manifest

Friedrich von Borries. Politics of Design, Design of Politics. #basislagerdemokratie: Andreas Görgen

Andreas Görgen (*1967) ist promovierter Jurist. Er studierte Germanistik in Bonn und Paris sowie Jura in Düsseldorf und Tübingen. Seit 2014 leitet er die Abteilung Kultur und Medien im Auswärtigen Amt.

Online/Interview:
Basislager Demokratie. Andreas Görgen

Wie können wir unsere Demokratie weiterentwickeln? Und welchen Beitrag kann Design als gestaltende Disziplin dafür leisten? Diesen Fragen widmet sich das Basislager Demokratie im Rahmen der Ausstellung Friedrich von Borries. Politics of Design. Design of Politics, die bis 29.09.2019 in der Neuen Sammlung in München (Pinakothek der Moderne) zu sehen ist. Das Basislager Demokratie ist kein Endergebnis, sondern Ausgangspunkt für eine Kooperation zwischen Die Neue Sammlung – The Design Museum, der HFBK Hamburg und der Bundeszentrale für politische Bildung: Ein Denkprozess in Form von Interviews, Diskussionen und Workshops. Im Mittelpunkt stehen vier Aspekte von Demokratie: Symbolik, Organisation, Alltag und Referenzraum.

Symbolik? Wie repräsentiert sich unsere Demokratie? Wahlzettel wirft man in umfunktionierte Mülleimer, für soziales Engagement gibt einen Verdienstorden, der an militärische Ehrungen erinnert, und Staatsgäste aus anderen Ländern werden mit militärischen Ehren empfangen. Geht es auch anders?

Organisation? Wenn nur ein Teil der Wahlberechtigen zur Wahl gehen, dann stimmt etwas nicht. Brauchen wir für alles einen Repräsentanten, oder kann man manches auch direkt entscheiden? Oder dem Los ein Chance geben, um Menschen in Verantwortung zu bringen? Und welche Form von demokratischer Meinungsbildung jenseits der klassischen Parteien können wir uns vorstellen?

Alltag? Die wichtigsten Entscheidungen unserer Gesellschaft, wie die über Krieg und Frieden, treffen wir demokratisch – aber unser Alltag ist hierarchisch und eher absolutistisch als demokratisch organisiert. Wie lässt sich Demokratie alltäglich leben – in der Schule, am Arbeitsplatz in Unternehmen oder der staatlichen Verwaltung?

Referenzraum? Sind sie Münchner, Berliner, Frankfurter? Sind sie Deutscher? Sind Sie Europäer? Oder Bürger dieser Welt? Viele Demokratiemodelle beruhen auf der territorialen Konzeption eines Nationalstaats. Aber viele Menschen leben heute ein Leben, das nicht mehr an nationale Identität gebunden sein will. Wie organisiert sich eine globale Demokratie, bei der das wechselseitige Solidaritätsversprechen nicht an einer Grenze halt macht?

Diesen Fragen stellen wir Experten aus Wissenschaft, Design und Politik. Jede Woche gibt es neue Interviews auf dieser Webseite – und Diskussionen darüber auf Facebook. Zusätzlich finden im Frühjahr/Sommer 2019 vier Workshops in der Neuen Sammlung statt. Vorschläge für Workshops einreichen kann jeder, der mit Design die Demokratie weiterentwickeln will. Mehr Infos dazu ab Januar auf dieser Webseite.

Was das Ergebnis dieses Denk- und Diskussionsprozesses sein wird? Das ist offen. Wir wissen nicht, wohin die Suche uns führt, welches Ergebnis sie hat und wann sie endet. Denn Unsicherheit einzugestehen ist eine Haltung die wichtig ist. Gerade in einer Zeit, die nach klaren Statements, einfachen Rezepten und inbrünstigen Überzeugungen giert, und dabei Komplexität ausblendet und Differenziertheit verunmöglicht. Vielleicht wird eine Sammlung von Projekten für eine zukunftsfähige Demokratie in der Ausstellung gezeigt, vielleicht wird ein Masterplan zur Rettung der Demokratie entstehen, vielleicht eine praktische Anleitung für mehr gesellschaftliche Demokratisierung. Vielleicht wird sich aber auch zeigen, dass aus dem Design heraus keine sinnvollen Strategien für die Weiterentwicklung der Demokratie formuliert werden können. Wir wissen es nicht, und diese Unwägbarkeit gilt es auszuhalten.